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Sind wir in Österreich bereit für das Gesundheitswesen 4.0?
Im ersten Teil unserer Serie zum Gesundheitswesen 4.0 sind wir der Frage nachgegangen, wie sich die Reformen und Visionen der Gegenwart auf den PatientInnenalltag der Zukunft auswirken könnten. Auch haben wir Aspekte der „Consumerization“ des Gesundheitswesens beleuchtet – also der Verwendung von Smart-Devices für gesundheitliche Zwecke.
Das „Dilemma der Techniknutzung“ wurde darin angeschnitten: Gerade Menschen, die aufgrund ihres Alters von der Technik profitieren könnten, stehen dieser am ablehnendsten gegenüber.Heute beleuchten wir mögliche Auswirkungen technologischer Neuerungen auf Krankenhäuser, ÄrztInnen und die Pflege.
Zuständigkeiten und Strukturen
LEIT-KRANKENHÄUSER sind Teil des Konzeptes „Spitalsärztin/Spitalsarzt 2025“, das im Jahr 2014 erstmals vorgestellt wurde. Die darin erwähnten „Regionen“ wurden unabhängig von Landesgrenzen definiert. Auch Städte werden in Regionen unterteilt, deren Krankenhäuser sich spezialisierte Zentren teilen. In Wien sieht das etwa so aus:
- Region West: Krankenhaus Hietzing und Wilhelminenspital
- Region Nord/Ost: Krankenhaus Nord und Donauspital
- Region Süd: Kaiser-Franz-Josef-Spital und Rudolfstiftung
- Mehr Behandlungen und chirurgische Eingriffe in Tageskliniken
- Ambulante Tests gleich im Anschluss an Behandlungen
- Telehealth-Optionen statt Routine-Krankenhausbesuchen
Ein Blick in die Klinik
KRANKENHÄUSER IM JAHR 2026 zeichnen sich durch gesteigerte Wirtschaftlichkeit mittels stärkerer Spezialisierung, optimiertem Zeitmanagement, kürzerer Wege und ausgeprägter, gläserner Netzstrukturen aus.
Der Studie „Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft“ (2015) zufolge wird sich die Quote der Kliniken mit unternehmensübergreifender Digitalstrategie innerhalb der nächste 5 Jahren auf etwa 56 Prozent verdoppeln.
Die Digitalisierung von patientenbezogenen Daten (in Österreich:ELGA) stellt das Rückgrat dieser Strategien dar. Daten werden nicht nur mithilfe von technischen Geräten in den medizinischen Einrichtungen erfasst, sondern auch vom Patienten selber.
MEDIZINISCHE APPS erlauben ein rasches, ortsunabhängiges Abrufen von Befunden und Patientendaten. Manche können mi Mess- und Analysegeräten verbunden werden – so werden etwa Röntgenbilder, Blutdruckwerte oder der Blutzuckerspiegel rasch abrufbar.
Um Kosten und Platz zu sparen, werden Apps auch für die Telemedizin eingesetzt – etwa in der Kardiologie (Telekardiologie): Spezielle Implantate senden 24 Stunden am Tag EKG-Daten direkt vom Herz an das Empfängergerät, welches wiederum mit einer App vernetzt sein kann.
Herzkranke können so ihre EKG-Werte von zuhause an ein telemedizinisches Zentrum im Krankenhaus übertragen und werden online oder telefonisch beraten.
DIGITALE TO DO- LISTEN können zur Dokumentation von Medikationszeiten-und Mengen, Untersuchungen, Patientenwünsche und Handlungsanweisungen der ÄrztInnen und PflegerInnen verwendet werden, um die Wahrscheinlichkeit einer Fehlkommunikation zu minimieren.
Die Visite ist beendet - es geht weiter in den OP. Wie bereits im Jahr 2016 kommen dort Robotersysteme zum Einsatz. Für den OP – Saal der Zukunft wird prognostiziert, dass Robotertechnologie, so wie heute intraoperative Bildgebung, ein integrierter Bestandteil sein wird.
Die maschinell optimierte Chirurgie soll dabei helfen, die Verweildauer der PatientInnen in Kliniken zu reduzieren und damit Geld zu sparen – auf längere Sicht soll der Einsatz von Robotern ähnlich wie in der Industrie die Qualität einer Operation sichern.
Maschinen am Werk
ROBOTER im OP UND TELECHIRURGIE - ihr vermehrter Einsatz ist gegenwärtig absehbar, doch auch in 10 Jahren werden Roboter einen Operateur nicht ersetzen können.
Gegenwärtig sind Roboter hauptsächlich fortgeschrittene Werkzeuge, die oft bei minimal-invasiven Eingriffen zum Einsatz kommen. Sie überwachen die Schnittführung, dienen der Positionierung oder führen vom Operateur geplante Aktionen aus. Zurzeit liegt der Forschungsschwerpunkt auf der Miniaturisierung von flexiblen chirurgischen Werkzeugen sowie auf der Weiterentwicklung von bildgebenden Technologien.
Eine Kombination verschiedener bildgebender Technologien und minimal-invasiven Techniken führte zur Entwicklung des Hybrid-OPs, in dem konventionelle Techniken mit Anlagen zur Bildgebung (Angiografieanlagen, Computertomografen etc.) kombiniert werden. So kann während eines Eingriffes zugleich diagnostiziert als auch behandelt werden kann.
Die Tendenz in Richtung Bildfusion wird sich in den nächsten Jahren verstärken: Die Informationen verschiedener Techniken (Ultraschall, Röntgen, MRT) ergänzen einander, werden intraoperativ genutzt.
ROBOTIK IN DER TELECHIRURGIE - In der Telechirurgie nehmen Roboter die Form von Robotersystemen an, die aus kurzer („short-distance“) oder weiter („long-distance“) Entfernung gesteuert werden.
Bei allen Formen der Roboterchirurgie - computerassistierte Chirurgie (Telementoring), computerunterstützte Chirurge (CAS – computer Aided Surgery), Medizinrobotik, minimal invasive Chirurgie (MIC), OP-Roboter und Simulation von Operationen – gilt jetzt wo wie auch im Jahr 2026: Ein Arzt muss anwesend sein, um bei Komplikationen eingreifen zu können.
Ängste & Zweifel
Besonders die Chirurgie ist ein Bereich, in dem neue Technologien laufend und schnell zur Anwendung kommen und den Alltag der Operateure verändern. Bei einigen Patienten kommen bei dem Gedanken an semi-mechanisierte Operationen Zweifel auf, die zu berücksichtigen sind.
Anhand von Studien versucht man derzeit herauszufinden, ob und in welcher Form Maschinen in der Medizin und Pflege zukünftig akzeptiert werden.
Bei der Studie „Gesundheit und Megatrends“ eines Softwareherstellers zeigte sich, dass nur etwa ein Drittel der Deutschen einverstanden wäre, sich von einem OP- Roboter operieren zu lassen – Männer eher als Frauen.
Fazit
Egal ob im Erstversorgungszentrum, im Krankenzimmer oder im OP – Saal: Eine Aufhebung der zeitlichen und örtlichen Grenzen durch digitale Vernetzung bringt auch viele Vorteile für im Gesundheitsbereich Tätige mit sich:
Ärzte und Ärztinnen, Pflegedienste, medizinisches und pharmazeutisches Personal werden nicht durch Maschinen ersetzt, sondern bilden gemeinsam mit den intelligenten Systemen neue Netzwerke. Ohne ihr Wissen und ihre Expertise wird auch das Gesundheitssystem der Zukunft nicht auskommen.
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